Mein Opa hat mir immer gesagt, dass wer will, sucht einen Weg und wer nicht will, sucht Ausreden. Ich erinnerte mich an diesen Satz vorletztes Jahr im Herbst, als ich eine Einladung zu einem Workshop ablehnte, weil es zu weit war. Während ich nach Ausreden suchte, warum es nicht ging, fand mein Mann einen Weg. Wir haben ein Wohnmobil gemietet und am 1. April hat unsere erste zweimonatige Tschechische Tour 2015 begonnen. Bald darauf folgte unsere einmonatige Slowakische Tour 2015 und schließlich eine zweimonatige Tschechoslowakische Tour 2016.
So haben wir fünf Monate auf ein paar Quadratmetern in der Zusammensetzung von zwei Erwachsenen, zwei Kindern und einem Hund gelebt. Das war eine wirklich intensive Erfahrung. Ich möchte hier meine Antworten auf Fragen, die wir häufig bekommen, teilen.
1. Wo haben Sie übernachtet?
Wir haben, wie man so sagt, “wild gecampt”. Sie müssen darüber nachdenken, dass Sie nicht überall stehen können, dass jedes Grundstück jemandem gehört. Aber wir sind eigentlich nie mit jemandem in Konflikt geraten. Meistens kamen wir an dem Ort am frühen Abend an, wir verhielten uns ruhig, wir störten niemanden. Natürlich haben wir nicht Markisen und Grill aufgebaut, sondern wir haben nur in Ruhe, mit einem Glas Wein, die Aussicht genossen. Und wenn der Besitzer des Grundstückes uns bemerkt hat, hat er sich meistens mit uns unterhalten und wir haben ihn auf einen Schnaps eingeladen. Den echt mährischen Sliwowitz hatten wir immer gekühlt und hausgemachte Würste für sofortigen Verzehr vorbereitet. Wir haben tolle Menschen getroffen, die wir sonst nicht kennen gelernt hätten. Im Camp haben wir nur zweimal übernachtet, weil dort weit und breit die Aussicht am schönsten war.
2. Woher nehmen Sie das Wasser?
Das Wasser haben wir an Tankstellen, die einen Wasserhahn hatten, aufgefüllt. Manchmal für ein mildes Schmiergeld und manchmal für das Vaterunser aufsagen. Nur einmal ist es uns passiert, dass die Frau an der Tankstelle nicht wusste, wie sie uns das Geld, das mein Mann ihr für das Wasser geben wollte, berechnen sollte. Für diese Fälle habe ich mir ausgedacht, dass wir das Programm bei einer Autowäsche kaufen und das Wasser nicht für die Autowäsche nutzen, sondern für unseren Wassertank. Aber wir mussten das nie tun.
Manchmal haben wir eine Gemeindepumpe gefunden. Und in der Slowakei und in Ungarn haben wir Thermalquellen genutzt. Für Notfälle hatten wir im Kofferraum einen 20l Kanister. Und natürlich war unser Wasserverbrauch anders als zu Hause. Mit 120l Wasser hat unsere vierköpfige Familie vier Tage ausgehalten. Man sagt, dass Kosmonauten nur mit einem halben Liter Wasser duschen können. Ich könnte es mit einem Liter. Die Kinder haben sich jeden zweiten Tag geduscht und ich habe die Haare nicht so oft wie zu Hause gewaschen. Fettige Haare bedeckt ein schickes Tuch.
3. Wohin sind Sie auf die Toilette gegangen?
Im Wohnmobil war eine chemische Toilette, die aber nicht viel Fassungsvermögen hat. Wir haben öffentliche Toiletten gesucht und wir haben sie bewertet. Ein glückseliges Lächeln und der Satz: “Es war ein exklusives Aa” war die Bewertung 11 von 10. Viel Zeit haben wir in der Natur verbracht, wo ES kein Problem ist und die Toilette im Wohnmobil war einfach nur für Notfälle: Nacht, schlechtes Wetter und die Situationen, wenn wir die Schließmuskeln nicht kontrollieren konnten.
Die Exkremente der Mitglieder der Expedition hat mein Mann in die Kanalisation geschüttet (an einem abgelegenen ruhigen Ort). Und obwohl er für mich bei dieser Tätigkeit am sexyesten war, (das Wissen um eine leere Toilette bewirkte beinahe tantrische Glückszustände) wollte er es nicht jeden zweiten Tag machen.
Eine überfüllte Toilette war eine von zwei emotional gespannten Situationen auf unserer Reise. Das jüngste Mitglied der Expedition konnte die Schließmuskeln nicht mehr kontrollieren, obwohl die Toilette voll war. Nein wirklich, es hat nichts mehr hineingepasst. Und eine scharfe Debatte über Scheiße folgte - im wahrsten Sinne des Wortes.
4. Woher haben Sie den Strom genommen?
Das Auto hatte ein Solar-Panel und wir hatten einen Spannungswandler, also haben wir den Laptop, das Telefon und die Batterien in der Kamera ohne Probleme geladen. Für nichts mehr haben wir Strom gebraucht.
5. Wie haben Sie geheizt?
Im Auto war die Diesel-Heizung. Aber wir haben sie selten benutzt, weil wir den Diesel zum Fahren brauchten. Wenn wir uns verschätzt hatten und zu wenig Diesel vorrätig war, sind wir manchmal bei einer Temperatur von 8 Grad aufgewacht. Für diese Situationen haben ich und meine Kinder Bettzeug aus Merino-Schafswolle. Und mein Mann hat einen alten Schlafsack, um der erste zu sein, der aufwacht, den Wagen startet und zur Tankstelle fährt und während der Fahrt das Wohnmobil heizt. (Natürlich ist es nur einmal passiert, weil man während der Fahrt angeschnallt sein muss.) Gewöhnlich hatten wir im Auto während kälterer Tage 18 Grad. Die Wahrnehmung dessen, was kalt ist und was nicht, hat sich geändert. Übertriebenes Heizen verbraucht Diesel und Strom, die wir für wichtigere Sachen brauchen. Also haben wir uns freiwillig abgehärtet.
6. Wo haben Sie gewaschen?
Was schmutzig ist und was nicht, habe ich im Wohnmobil anders als zu Hause wahrgenommen. Und meistens haben wir Funktionskleidung getragen. Die Unterwäsche habe ich mit der Hand gewaschen und ansonsten habe ich das Angebot der guten Seelen, die eine Waschmaschine hatten, genutzt. Oder ich habe in einem Waschsalon gewaschen. Einen Monat können wir ohne Waschen auskommen.
7. Wie haben Sie das U-Boot überlebt
Das “U-Boot” - Syndrom hatten wir nie. Wenn der Lärm für mich oder für meinen Mann zu schlimm war oder die Kinder sehr viel geschnattert haben, mussten sie raus gehen. Entweder haben wir auf einem Kinderspielplatz oder im Wald geparkt. Und eine halbe Stunde der Stille war genug für uns. Aber wenn es eine längere Zeit geregnet hat, konnte die nasse Kleidung nicht trocknen. Und bald hatten wir keine trockenen Sachen mehr, die zweite Krisensituation ist gekommen. Meine Kinder entfalteten solche Energie und so lange, dass wir es nicht mehr schaffen konnten. Mein Mann schlug mit der Faust auf den Tisch, der kein Tisch, sondern nur eine Platte aus Polystyrol war. Es herrschte Mucksmäuschenstille - für alles hat nur ein Loch im Tisch gesprochen. In zwei Monaten: eine Debatte über Scheiße und ein Loch im Tisch - ich glaube, dass das ein guter Punktestand ist.
8. Und was war mit Ihrem Privatleben?
Das hatten wir, wenn die Kinder über der Fahrerkabine und wir hinten auf der Liegefläche geschlafen haben. Um die Intimität zu erhöhen, konnten wir die Gardinen zuziehen. Und wenn Sie die Flexibilität Ihres Beckenbodens erkennen wollen, gibt es keinen besseren Ort als ein Wohnmobil. Weil man sonst gerade im besten Moment vom anderen Teil des Gefährts hört: “Mama, warum bewegt sich das ganze Auto?”
9. Und wie haben Sie es mit der Schule gemacht?
Pepíno war während der Reisen in der ersten und zweiten Klasse und weil er zu Hause geschult wird, hat sich nicht viel für ihn verändert. Marketka war nicht schulpflichtig und sie war in keiner Kinderschule registriert. Wir haben viel Zeit der Heimatkunde und Biologie gewidmet und ich habe auch endlich viele Zusammenhänge verstanden, die mir in der Schule zu einem Ohr hinein und zum anderen wieder heraus gegangen sind. Ich denke, Sie könnten so reisen, auch wenn Ihre Kinder in eine klassische Schule gehen würden. Für das, was die Kinder den ganzen Tag in der Schule lernen, brauchen Sie etwa eine Stunde. Bei älteren Kindern vielleicht zwei.
10. Wie haben Sie so viel Urlaub genommen?
Ich denke, wenn Sie einen normalen Job haben, zu dem Sie gehen müssen, ist einen Monat Urlaub zu nehmen das beste und einfachste, was Sie tun können. Es geht nur darum loszulassen. Vielleicht können Sie das nicht so machen, weil Sie denken, dass die Firma ohne Sie nicht funktionieren kann. Ich bin sicher, dass die Firma kann, aber die Kinder nicht. Außerdem braucht man für viele Arbeiten nur den Computer oder das Telefon. Zugang zum Internet hat mein Mann mit dem Telefon gehabt. Und ohne Signal waren wir nur im Boubin-Urwald in der Tschechischen Republik. Während der Arbeit auf der Reise hat er gelernt maximal effektiv zu sein. Und er hat sich abgewöhnt sich ablenken zu lassen.
11. Wie haben Sie die Ausflüge geplant?
Auf der ersten Tour haben wir wirklich viele Ziele gehabt, die wir dachten sehen zu müssen. Für die Planung hat mein Mann viel Zeit gebraucht. Aber man kann zwei Monate nicht planen. Und mit Kindern ist es unmöglich. Etwas, womit Sie nicht rechnen, kommt garantiert. Wir haben nicht erwartet, dass Pepino einen Gips haben wird. Wir haben einen Rollstuhl geliehen und eine Route gesucht, die für Rollstuhl oder Kinderwagen geeignet ist.
Letztendlich hat uns das Unerwartete und Nicht-Geplante die schönsten Erfahrungen beschert. Wir haben erstaunliche Menschen getroffen und schöne Orte besucht, die man nicht im Internet finden kann. Wir begannen zu lernen, hier und jetzt zu leben und die Möglichkeiten, die der Tag bot, zu nutzen.
Erst durch das Reisen habe ich gelernt, im Hier und Jetzt zu sein. Wenn wir unterwegs sind, fange ich an, die wesentlichen Dinge wahrzunehmen, die ich normalerweise vor Augen habe aber nicht sehen kann. Versuchen Sie es auch und Sie werden sehen, was passiert.